Basiswissen - 2017. 06. 05.

Einführung in die Analyse der Silhouetten und der Körperformen

Schönheit ist relativ und die Beurteilung der Körperformen unterliegt nicht nur den sozialen Trends, sondern auch der subjektiven Wahrnehmung. Noch dazu variiert das Ideal in Europa von Jahrhundert zu Jahrhundert: Mal sind füllige, mal magere, mal sind weiche, mal knackige Frauen in Mode. Wenn wir das Schönheitsideal weltweit betrachten, dann erkennen wir eine noch größere Vielfalt: bei den meisten Stämmen Afrikas, aber auch in Indien gelten füllige Frauen als schön. Auf irgendeine Weise ist das Körperidal eben doch biologisch und dadurch unterbewusst geprägt.

Wissenswertes. Von Epoche zu Epoche variierten auch die Modefarben der Körperpigmentation. Galten Wasserstoffblondinen mit wasserblauen Augen in den 1940-ern als sexy, waren noch in den 1920-er Jahren mystische, schwarzhaarige Vamps mit dunklen Augen das Ideal. Schwarzhaarige Heldinnen der Romantik mit dicken Augenbrauen genossen 1850 große Beliebtheit. Rotblond und vornehm blass galt während der Renaisssance um 1450 als überirdisch schön. Und so weiter und so fort.

Der Taille-Hüft-Quotient gibt das Verhältnis von Bauch zu Hüftumfang an. Teilen wir den Umfang der Taille durch den der Hüfte, ergibt sich ein Quotient, welcher bei weiblich-runden Frauen kleiner als 0,85, am besten 0,7 sein sollte. Das heißt, anders ausgedrückt, dass nicht die Anzahl der Kilogramme zählt, sondern der Unterschied von Taille und Hüften, der etwa 30 Prozent ausmachen soll. So entstanden die mythischen Traummaße der Models von 90-60-90, wobei die erste, zusätzliche Zahl den Brustumfang angibt. Bereits im Jahre 1993 beschäftigte sich Professor Devendra Singh mit den Zusammenhängen von Attraktivität und Hormonen. Bei den meisten angehimmelten Kinostars mit Stundenglasform, etwa bei Marilyn Monroe und Jane Mansfield oder heute bei Salma Hayek und Scarlett Johansson, ergab der Unterschied diese Eckzahlen. Rundungen und eine schmale Taille werden genauso vom Östrogen, dem weiblichen Hormon, bewirkt wie große, glänzende Augen und volle Lippen. Östrogen ist gleichbedeutend mit Fruchtbarkeit, deren Erkennung jedem zum Ziel der Fortpflanzung einprogrammiert ist. Daher ist es verständlich, dass wir a) seit Jahrhunderten versuchen, unsere Taillen mit Korsetts und Diäten schmaler zu machen, und b) die Kosmetikindustrie alles tut, um mit Behandlungen und Schminke die als weiblich empfundenen Attribute zu verstärken. So gesehen scheint es einfach zu sein, dem „Urideal“ der Weiblichkeit zu entsprechen. Und doch ist es nicht so einfach. Wenn wir Kriterien wie den sozialen, den finanziellen und den Bildungs-Stand gewisser Damen beiseite lassen, die auch bei weniger idealen Frauenkörpern für Erfolge auf dem Fortpflanzungmarkt sorgen, dann sehen wir im Rückblick auf die menschliche Geschichte doch viele Epochen, in denen der Trend eher in die Richtung von großen und eckig wirkenden Testosteronfrauen ging. Auch im antiken Griechenland und in Rom entsprach das Frauenideal dem männlichen. Es galt, wohl proportioniert, sportlich und nicht besonders füllig zu sein. In Ägypten galten kleine Brüste und schmale Hüften als besonders begehrt. 

Antikes Frauenideal mit kleiner Brust, schlanken Hüften und langen Beinen.

Auch die Frauengestalt der Gotik strebte eher in die Höhe als in die Breite: Ein schmaler Brustkorb und lange, grazile Gliedmaßen waren das Ideal. Auch die Schönheit von 1920 bis 1930 konnte nicht dünn genug sein. Ein knabenhafter Körper mit flachem Brustkorb und ebensolchen Hüften galt als Vorbild für modebewusste Damen. Wie Wallis Simpson, die Frau von Edward VIII. bemerkte, kann man nie mager und reich genug sein. Diesen Schönheitsidealen stehen natürlich viele Epochen gegenüber, in denen üppige Polster und Rundungen und kuschelig weiche Haut die gutgelaunte Schöne zierten. Denken wir an die Gemälde von Rubens, der diesem Ideal auch den Namen gab: „Rubenssche Schönheit“. Aber auch der Wohlstand der Bürger des Biedermeier bewirkte breite Dekolletés und üppige Gesäße der Damen, die sich nur die Taille unnatürlich schnürten. 

Füllige Damen bei Rubens.

Mädchenhaft schlank – Alice Joyce - gegen 1920 und weiblich rund gegen 1950 – Marilyn Monroe.

Die Schönheitsideale verändern sich bis heute von Dekade zu Dekade, und ein Stilberater hat zweierlei Funktionen, wenn er den Damen vorzügliche Outfits mit schönem Schmuck vorschlägt. (Bei Herren spielt die Beratung bei Schmuck eine unbedeutende Rolle, darum befassen wir uns im Weiteren ausschließlich mit der weiblichen Klientel.)

  • Der Stilberater muss Harmonie schaffen, indem er die Proportionen des Körpers ausgleicht und weniger gut geratene Teile wegmogelt, also die weiblichen Proportionen in Richtung Stundenglasform verschiebt.
  • Der Stilberater entfaltet die positive Wirkung zwischen dem Träger und der Bekleidung in Farbe und Schnitt und dosiert bewusst Accessoires und Schmuckstücke, um ein harmonisches Gesamtbild zu schaffen.

Die Zielsetzung der Stilberatung darin besteht, immer das Optimum mit den vorhandenen Mitteln zu erreichen. Jeder Men­sch ist mit einer indi­vidu­ellen Körperform und Körperpro­por­tion geboren worden. Dabei spielt das Gewicht der Per­son kaum eine Rolle. Mit Diäten und sportlichen Aktiv­itäten lassen sich die Formen zwar in geringem Maße ändern, aber die grundle­gen­den Charakteristika bleiben bestehen! Darum muss der Stilberater nicht nur erkennen, welcher Fig­ur­typ die Kundin ist, sondern er muss auch die Proportionen von Ober- und Unterkörper sowie das Gesamtbild der Gliedmaßen in Betracht ziehen. Es gibt Frauen mit den unter­schiedlich­sten Körpermaßen: mit schmaler oder bre­iter Taille, mit großem oder kleinem Busen, mit zier­lichen oder bre­iten Schul­tern, mit kurzen oder langen Beinen. Die Analyse der Formen und Proportionen ist deshalb der Anfang der Beratung. Erst danach kommen Tipps und Tricks an die Reihe, die die individuellen Formen und Pro­por­tio­nen im Gesamtbild gut ausse­hen lassen. Gewisse  Schnitte, Muster und Mate­ri­al­ien sind genauso wichtig wie die schon behandelten Farben. Als I-Tüpfelchen kommen auch die Schmuckstücke an die Reihe, die gemeinsam mit anderen  Accessoires-Elementen die individuellen positiven Körperformen und -pro­por­tio­nen zur Gel­tung brin­gen und negative vergessen lassen. 

Da unser Augenmerk in erster Linie dem Schmuck gehört, überfliegen wir nun kurz die verschiedenen Formen und Proportionen des Köpers im Allgemeinen, um uns dann en detail den verschiedenen „Landeplätzen“ des Schmucks von Kopf bis Fuß zu widmen.

Wie werden Körperformen bestimmt? Im Allgemeinen wird die Kontur, die Silhouette eines Körpers betrachtet.

Wissenswertes. Das französische Wort für Schattenriss geht auf den einstigen französischen Innenminister, Étienne de Silhouette († 1767) zurück, da er sein Haus als sparsamer Bürger angeblich mit schwarzen Scherenschnitten anstatt mit teuren Ölbildern schmücken ließ. Ob dies der Wahrheit entspricht, wissen wir nicht. Tatsache ist, dass viele eifrige junge Damen einen Gefallen an dem Spiel fanden, das Profil eines hinter dem Paravan versteckten und beleuchteten Kavaliers mit der Schere aus schwarzem Papier nachzuschneiden. Heute helfen uns die Hell-Dunkel-Konturen als Umriss des Körpers dabei, bestimmte Partien proportional zueinander zu betrachten. Die Silhouette wird nicht nur bei der Analyse des Körpers angewandt, sondern auch bei der Benennung von Kleiderschnitten, da das Prinzip dasselbe ist. 

Goethe auf einem Schattenriss.

Bei der Analyse konzentrieren wir uns auf die Maße und die Gestalt der Körperpartien, beginnend bei den Schultern, über den Brustkorb zur Taille und den Hüften, und dann hinunter über den Po und die Oberschenkel bis zu den Waden. Bei Damen wird die Analyse der Körperform in erster Linie anhand der Schulter- und Brustpartie bzw. des Taillenmaßes und der Hüft- und Oberschenkelform durchgeführt.

Humorvoll dargestellte Körperformen der Frauen: A, I, H, O von mir gezeichnet.

Die östrogenreichsten Frauen gehören zu den Typen A und X. Plastisch ausgedrückt handelt es sich um die Birnen- und die Stundeglasform. Beide Typen wirken sehr fem­i­nin und weisen viele Rundungen auf. Bei der Birnenform ist der obere Teil des Kör­pers schmaler als der untere Teil, die Hüften sind rund und bre­iter als der Brust­bere­ich, und oft sind auch die Oberschenkel stark. Das Bindegewebe ist im Po-Bereich meistens schwach und braucht eine extra Stütze durch Unterwäsche und Oberbekleidung. Die Taille bleibt meistens auch im Erwachsenenalter mädchenhaft schlank. Durch die ausladenden Formen wirken die Beine kurz und der Pobereich zu groß. Dagegen haben die Damen mit einer Stundenglasform aus­geprägte runde Hüften und einen vollen Brust­bere­ich, während die Taille deut­lich schlanker ist.  Anders als bei der Birne sind die Oberschenkel schlank, sodass die runden Hüften noch auffälliger sind. Birnen- und Stundenglasfrauen haben nicht unbedingt einen großen Brustumfang an sich, wirken aber sehr weiblich, da neben der schmalen Taille auch der Brustkorb schmal ist, wodurch selbst kleinere Brüste optisch für Aufsehen sorgen. Der Vorteil dieser beiden Typen sind die schönen Proportionen im Schulter- und Brustbereich mit wenig Fettanteil. Der Übergang zwischen der Birne und dem Stundenglas ist fließend: Viele junge Mädchen entwickeln sich mit der Geschlechtsreife dank größerem Brustumfang in Richtung Stundenglas, wogegen Stundenglasfrauen bei Gewichtzunahme schnell Fett auf den Lenden, dem Bauch und den Oberschenkeln ansetzen, wodurch sie unterkörperbetont werden. Grundsätzlich gilt bei diesen Typen: Lenken wir den Blick auf den oberen Körperteil! Die Übertreibung der erotischen Ausstrahlung bringt dagegen nichts Gutes.

Beyoncé Knowles ist eine der berühmten A-Typen: Die schlanke Taille begleiten starke Oberschenkel und ein fülliger Po.

Diese Frühlingsfrau hat etwas zu starke Oberschenkel und einen kleinen Brustumfang: Die Volants im Vorderteil heben den Busen heraus, der romantische Haarreif lenkt den Blick auf das Gesicht und der ausgestellte Rock macht optisch schlanker.

Der molligste unter den weiblichen Typen ist der O-Typ, der oft als Turteltaube bezeichnet wird. Diese Damen haben eine füllige Oberweite, sie sind mit einem breiten Brustkorb und Bauchbereich ausgestattet. Der Po und die Beine sind dagegen meistens sehnig und wohl geformt. Letztere Merkmale sind gerade diejenigen, die vorteilhaft hervorgehoben werden können und sollten. Außerdem muss man bemerken, dass Frauen zwar biologisch bedingt im Alter um den Brustkorb und im Bauchbereich zunehmen, sodass die Taille scheinbar verschwindet, die Turteltaube aber schon von Geburt an diese Merkmale aufweist. Es können höchstens solche Unterschiede wahrgenommen werden, dass bei einigen Frauen auch der Rücken, die Oberarme und die Brust ausgeprägt sind. Bei anderen sind es nur der breite Brustkorb und ein rundlicher, mit Hüften optisch zusammenhängender Bauch, der den Typus definiert. Beim O-Typ, der sich vielleicht am schwersten unter den Körpertypen tut, ist es enorm wichtig, durch Hervorhebung der Individualität und eine sorgfältige Auswahl der Farben, Stoffe und Schnitte von der Körpermitte abzulenken. Dem Berater fällt es hier am schwersten, mit dem Mythos der weiblichen Taille abzurechnen, da sie diesem Typ völlig fehlt. Am wichtigsten ist es darum, der Kundin beizubringen, dass sie sich so akzeptiert, wie sie ist.

Wintertyp mit O-Figur.

Lenken wir beim O-Typen den Blick auf das Gesicht und das Dekolleté.

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Basiswissen - 2017. 06. 05.

Schönheit ist relativ und die Beurteilung der Körperformen unterliegt nicht nur den sozialen Trends, sondern auch der subjektiven Wahrnehmung. Noch dazu variiert das Ideal in Europa von Jahrhundert zu Jahrhundert: Mal sind füllige, mal magere, mal sind weiche, mal knackige Frauen in Mode. Wenn wir das Schönheitsideal weltweit betrachten, dann erkennen wir eine noch größere Vielfalt: bei den meisten Stämmen Afrikas, aber auch in Indien gelten füllige Frauen als schön. Auf irgendeine Weise ist das Körperidal eben doch biologisch und dadurch unterbewusst geprägt.

Schmucktypen von Kopf bis Fuß - Teil 2
Basiswissen - 2017. 07. 13.

Schmucktypen von Kopf bis Fuß

Teil 2

4. Schmuck am Arm

  • Armbänder: Ein Armband wird am Handgelenk getragen und umschließt dieses. Dem Aussehen nach unterscheidet man zwischen dem Armband (altertümlich Bracelet), das aus flexiblen Materialien oder Metall-Kettengliedern besteht, und dem Armreif, der ring- oder halbringförmig ist und aus harten Materialien (Metall, Holz, Elfenbein u.a.) gearbeitet wird. Beide Armband-Typen können mit Edelsteinen oder anderen Sorten von Schmuckelementen verziert werden.