Brautkleid als Erbe?
Modegeschichte - 2017. 06. 02.

Brautkleid als Erbe?

Rückblick: Ein Skandal am englischen Hofe. Königin Victoria wollte zu ih­rer Vermählung (1840) keine Krone tragen. Noch unerhörter: Statt der vorgeschriebenen Grande Parure bevorzugte sie einen einfachen Ring, den sie selber entworfen hatte – eine Schlange mit einem Kopf aus Smaragd, dem Stein ihrer Geburt. Ihr Zukünftiger hat­te für sie zudem eine schlichte Brosche aus Saphir mit Diamanten entworfen. Auf der Brust hing die Ordenskette. Ihre Kette war weder lang noch kostbar genug. Auf dem Kopfe trug sie eine Orangenblüten-Komposition.

Die Königin war auch bei ihrer Kleiderwahl störrisch. Entgegen dem Hofzeremoniell entschied sie sich für einfachen weißen Satin. Kurzum, die junge Victoria betonte ihre Weib­lichkeit und Jugend gegenüber dem Zeremoniell und der Machtrepräsentation. Zwar entwickelte sich die Assoziation zwischen der Farbe Weiß und Unschuld schon früh, aber a) selbst im 18-19. Jahrhundert konnten sich nur wenige Bräute ein spezielles Kleid ausschließlich für die Hochzeit leisten und b) falls sie etwas machen ließen, dann etwas, das mehr „eyecatching“ war, also eben nicht Pastell. 

 

Ein berühmtes früheres Bild der Hochzeit der Arnolfinis im Jahre 1434 zeigt ein grünes Kleid. Die Stoffe sind teuer: Damast, Seide, Nerz. Es handelt sich sicherlich um ein sehr kostbares Outfit, was verständlich ist, war doch der Ehemann Händler. (Die Braut is keineswegs schwanger, sie ist nur in einer modischen Pose abgebildet.)

 

Nun fragt man sich, wieso das weiße Hochzeitskleid der Victoria so einen Affront darstellte, tragen wir doch heute – mit wenigen Ausnahmen – gerne weiße Brautkleider. Diese Frage spiegelt den Automatismus wider, alles rückwirkend aus unserem Blickwinkel zu betrachten. Früher war die heute traditionelle Farbenwahl keine Selbstverständlichkeit! Bräute der Mittel- und Unterschicht heirateten bis Anfang des 20. Jahrhunderts im Sonntagsstaat, das heißt in ihrem besten Kleid, das entweder schwarz war oder der jeweiligen Regionaltracht entsprach. Es wird aber fälschlicher Weise in vielen Artikeln behauptet, dass ausschließlich die ärmeren Frauen ihr „bestes Kleid“, sprich ihr existentes, schlichtes Outfit zur Trauung trugen. Da die Prachtroben der Edeldamen kostbar waren, galten sie in dieser Schicht auch als bestes Kleid, nicht jedoch als spezielles Brautkleid. Heute können wir uns gar nicht vorstellen, wieso einzelne Prachtkleider den Wert von einem Gut besaßen. Es ist jedenfalls kein Zufall, dass sie pingelig korrekt in der Schatzliste geführt wurden. Bei der Vermählung einer hochgestellten Dame gab man diese Kleider natürlich als Aussteuer mit und sie wurden auch weitervererbt. Das „beste Kleid“ versteht sich beispielsweise bei gekrönten Damenhäupten also als „das prachtvollste“, ja man könnte sagen das protzigste, neueste, geschmückteste. (Und wenn man vom Schmücken spricht: Auf dem Dekolleté funkelten auch nicht wenige Edelsteine, die jedoch die Menge an aufgestickten Edelsteinen auf der Büste und auf dem Krinolinenrock niemals übertreffen konnten.) 

Da die Hochzeitsfeier keineswegs etwas Emotionales und Familiäres bedeutete, sondern ein ausgehandeltes Staatsbündnis, das mit einem Vertrag besiegelt wurde, präsentierten sich die Eheleute als Herrscher in aller Pracht. In diesem Kontext verstehen wir vielleicht besser, wie unerhört die Wahl der Victoria war, die sich nicht als Herrscherin wahrnehmen, sondern als glückliche junge Braut zum Altar gehen wollte. Noch dazu war sie verliebt. Und das war eher unüblich zu jener Zeit.

Den Anstoß zu hellen Farben schreibt man dem Adel zu. Warum? Helle Farben signalisieren Reichtum, denn nur eine Dame, die nicht arbeitet, kann sich empfindliche weiße Roben erlauben. Maria de’ Medici, die sich im Jahre 1600 mit Heinrich IV. vermählte, trug als eine der ersten Bräute ein helles, eierschalenfarbenes Seidenkleid, das mit goldenen Ornamenten bestickt war. Andere adlige Bräute trugen rot, schwarz, grün. In dem Bild von Peter Paul Rubens, links, ist das Hochzeitskleid der Medici dokumentiert. Dies ist nicht unbedingt eine bewusste Farbwahl, entspricht doch ihre Parure der damaligen Mode, die neben Samt auch Brokat liebte. Der mit echten Gold- oder Silberfäden durchwirkte, gemusterte Stoff reflektiert das Licht der Kerzen und passte wunderbar zu Abend- und sonstigen Festkleidern. Weitere adlige Hochzeiten festigten auch helle Farben, insbesondere Creme und Weiß dominierten, da sie strahlten und sehr schön mit diesem besonderen „Akt“ harmonierten. 

Auch die herrschende Mode beeinflusst neben den Schnitten die Farbwahl der Brautkleider. Wurde zu Victorias Zeiten mindestens zehn Jahre lang vergebens in Damenmagazinen die weiße Farbe zur Hochzeit beworben, erlangte Weiß in der Zeit des Empire bereits hohen Ruhm. Siehe Augusta, Duchesse von Cambridge, Maria-Louise von Österreich oder Joséphine, Ehefrau von Napoleon Bonaparte. Wer weiß, vielleicht wurde auch die nach der Verbannung Napoleons geborene Victoria dadurch inspiriert? In der Epoche des Antike-Wahns waren die Hemdkleider pastellfarbig. Die an die griechischen Statuen erinnernde weiße Farbe wurde zur Lieblingsfarbe. Zu zeremoniellen Kleidern wurde goldbestickter Brokat gepaart. Jedenfalls hielt sich Weiß auch danach gut: 13 Jahre nach Victorias Hochzeit wählte Herzogin Eugénie de Montijo 1853 zur Vermählung mit Napoléon III. (ebenfalls) weißen Samt.

 

Auch Elisabeth von Österreich-Ungarn, Sissi, wählte zu ihrer Hochzeit 1854 die Farbe Weiß. Seien wir ehrlich: Helle Farben passen vor allem zu ungeschminkten Gesichtern, und da die Damen von anno dazumal ihre eigenen Stilistinnen waren, ist es kein Wunder, dass sich Weiß schließlich durchsetzte. Zu festlichen Anlässen komplettierte man weiß gerne mit farbiger Stickerei und farbigen Steinen oder trug weiterhin das gut bewährte Brokat mit Gold- und Silberfäden, wie Erzherzogin Sophie (drittes Bild oben, in der Gemäldereihe) und Elisabeth als Kaiserin (viertes Bild). 

Da die Bedeutung der weißen Farbe Reinheit und Jungfraulichkeit ist, wurde das weiße Kleid zusammen mit dem Brautschleier als Sinnbild der Unberührtheit am Ende des 19. Jahrhunderts endgültig zur Uniform aller jungen Bräute. Im 19. Jahrhundert setzte sich Weiß noch mehr durch und wurde sogar zur Sommerfarbe für wohlsituierte Damen. Luftige Stoffe unterstrichen den reinen, natürlichen und jungen Gesamteindruck. Mit dem Enststehen der Kostüme, die die Einteiler ablösten, gelangten auch weiße Blusen in die Schränke aller Damen.

Zurück zum urspünglichen Thema. Nun würden sicherlich die meisten Leser meinen, dass man heutzutage Brautkleider eher selten vererbt. Wenn wir das praktisch abwägen, fällt uns, abgesehen von hygienischen Bedenken und Geschmackfragen, auch die Tatsache ein, dass die Tochter nicht unbedingt die Statur der Mutter besitzt. 

Bis zum 19. Jahrhundert hatten die Kleider keine echten Abschlüsse, sondern wurden geschnürt oder mit Ösen eingefaltet. Höchstens ihre Länge wurde angepasst. Wenn man heutzutage als Braut ein altes Kleid tragen möchte, dann sicherlich aus Pietäts- und nicht aus finanziellen Gründen. Hochzeitskleider sind nicht billig, aber auch nicht kostbar. 

Einige Bilder aus dem Internet inspirierten mich zum Schreiben dieses Artikels, an dessen Ende ich nun die netten Bilder von „recycelten” Brautkleidern unserer Epoche mit Ihnen teile. In der ersten Bildreihe tragen drei Generationen das selbe Kleid. Sarah ist die Enkelin, die ihre Mutter mit dem Wunsch überraschte, am selbenTag im selben Kleid zu heiraten wie ihre Vorfahren. Auf dem unteren Bildpaar sieht man Abby Kingston, die als elfte Braut in der Familie das Kleid ihrer Urururoma von 1895 trägt.

 

 

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